Chamoco oder Barranco de Badajoz
Barranco de Badajoz ist eine Schlucht im Südosten der Insel Teneriffa (Kanarische Inseln, Spanien) in der Gemeinde Güímar. Die Schlucht ist seit der Guanchen-Zeit bewohnt und wurde nach der Ankunft der kastilischen Eroberer vom letzten Guanchen-König von Güímar, Añaterve, 1496 an die kastilischen Truppen abgetreten. Die Ureinwohner der Kanaren, die Guanchen, nannten die Schlucht Chamoco. Die Schlucht war Fundort von Guanchen Mumien.
Die Schlucht ist auch aufgrund von Berichten über paranormale Phänomene bekannt, die vom Auftreten von Lichtern, UfO-Sichtungen, Zeitphänomenen und seltsamen Kreaturen, bis hin zu Erscheinungen von Engeln und weißen Lichtgestalten reichen.
Wer auf der Insel ist und Interesse an Ureinwohnern und außergewöhnlichen Orten hat, der sollte auch den Barranco de Badajoz besuchen. Man erreicht die Schlucht über einen Fahrweg, der später in eine grobe Schotterpiste übergeht. Wer den Mut hat und es seinem Auto zumuten will, der fährt theoretisch bis zum Beginn der Schlucht. Wer weniger Fahrwerk und Bandscheiben beanspruchen möchte lässt sein Fahrzeug in irgendeiner der vorhandenen Parkbuchten stehen und geht zu Fuß weiter.
Zunächst fährt man auf der Autobahn TF-1 bis zur Ausfahrt Güímar. In Güímar findet man auch die sogenannten „Pyramiden von Güimar“, die hier aber nicht näher betrachtet werden. Interessierte lesen dazu einen Bericht aus dem Jahr1999 bitte hier: http://www.terraner.de/guimar.htm. Zum Barranco fährt man in Güímar auf der Landstraße TF-28 in Richtung Fasnia nach Süden. Am Ortsausgang von Güímar beginnt die Ortschaft Guaza, die man ebenfalls bis zum Ende durchfährt. Danach folgt eine relativ gerade Strecke. Kurz vor einer Linkskurve ist eine Kreuzung, wo man rechts auf eine neue Betonstraße „Casino de Ladera“ abbiegt. Dieser Straße, die dann irgendwann „Camino de Badajoz“ heißt, folgt man bergaufwärts immer geradeaus bis auf die schon genannte Schotterpiste.
Am Ende der Schotterstrecke beginnt der Fußweg durch die Schlucht. Gleich am Taleingang steht links der Überrest des durch die Sagen berühmten Birnbaums, rechts des Weges ist eine begehbare Höhle, deren Wände in einem weißlichen Licht irgendwie das einfallende Tageslicht merkwürdig reflektieren. Sind darin die weißen Lichtgestalten der alten Erzählungen begründet?
Hier beginnt nun die Wanderung / Expedition in den Barranco der Legenden, der größten, tiefsten und steilsten Schlucht der Insel. Linksoben des Weges, in der Nähe des Birnbaumes, befindet sich der verschlossene Ausgang eines Stollens, wo noch alte Schienen aus dem Tunnel herauskommen. Nach einem kurzen, steilen Abschnitt, der mit groben Steinen gepflastert ist, befindet man sich nun plötzlich zwischen steilen Felswänden, die vom Wasser ausgewaschen sind. Auch das Becken eines ehemaligen Wasserfalls lässt sich betrachten. Von hier aus wandert man in der engen Schlucht, die sich in Kurven, ganz allmählich immer mehr den Bergen nähert.
Der Weg verläuft im oder neben dem Bachbett, dem man einfach weiter folgt. Man durchwandert das Tal in 30 bis 40 Minuten und steht am Ende (nach 2 km) vor steilen Felswänden. Den letzten Teil des Weges klettert man über nasse Felsblöcke und verrostete Schienen auf eine der Abraumhalden, die dann den abschließenden Aussichtspunkt bildet.
Man steht staunend zwischen senkrechten, viele hundert Meter hohen Felswänden.
Überall sind nicht begehbare, versperrte Höhlen- /Bergwerkseingänge. In der schattigen und feuchten Schlucht findet man Brombeergebüsch, Brennnesseln, Zistrosen und zwei Meter hohe Margariten-Büsche. Das Bachbett ist immer erkennbar, führte im März 2019 aber nur wenig Wasser. Wobei seit 1912 ein großer Teil des Wassers auch über Kanäle und Rohrleitungen umgeleitet wird und für Stromerzeugung und Bewässerung der Felder verwendet wird. Noch bis in die 1950er Jahre hinein versorgte die Gemeinde Güímar große Teile der Insel mit landwirtschaftlichen Produkten.
Entlang des Weges fühlt man sich immer an die alten Sagen erinnert. Doch schnell wird klar, dass es sich bei dem Rascheln im Gebüsch nicht um die sagenhaften Geister handelt, sondern um Eidechsen, die sich eilig vor ihrem Störenfried verstecken, der da gewandert kommt.
Bis 2007 waren sämtliche Höhlen und Stolleneingänge begehbar. Sie wurden dann, nachdem sechs Wanderer in einem der Stollen erstickt waren mit Gittern und Warnhinweisen verschlossen. Die einzige heute noch begehbare Höhle ist gleich die am Taleingang. Die Galería von Izaña, kurz vor dem Ende der Schlucht, ist die älteste und vermutlich auch die längste von insgesamt sieben Stollen in diesem Barranco. Die genaue Länge ist unbekannt, es gibt mehrere Verzweigungen im Innern des Berges, einige davon sind auch wieder eingestürzt. Von den sechs anderen „Minas“ weiß man die Länge genau, zusammen messen sie insgesamt 14.930 Meter. Die kürzeste davon ist die Mina El Cañizo mit 1815 Meter Länge. Mehr als 37.000 m3 Gesteinsmaterial wurde herausbefördert, damit könnte man zweieinhalb Fußballfelder mehr als 2 Meter hoch bedecken. Überall vor den Ausgängen der Stollen sieht man die Abraumhalden. Für den Transport sorgten kleine Lokomotiven, die extra zu diesem Zweck konstruiert wurden. Da man wegen des Wassers keine Elektromotoren verwenden konnte, setzte man auf besondere, abgasarme Dieselmotoren. Die Stollen sind in der Regel etwa 2 Meter breit und 1,80 m hoch, ein gemauerter Kanal verläuft seitlich im Stollen. Es gibt mehr als 1.500 solcher Wasserstollen auf der Insel, einige sind bis zu 6 km lang.
Angeregt durch die Legende vom Birnenmädchen (s. weiter unten) haben wir beim Besuch der Schlucht ein Zeitexperiment durchgeführt. Zu Beginn der Wanderung wurde in der Nähe des Birnbaumes eine Uhr versteckt und mit der Uhr am Arm verglichen. Zuvor liefen beide Uhren über Monate hinweg immer synchron und zeitgenau. Am Ende der Wanderung ergab ein weiterer Uhrenvergleich, dass die Uhr am Birnbaum zwei Minuten vor ging! Eine Zeitanomalie? Zufall? Die Uhr wurde seither nicht gestellt und läuft nach über einer Woche noch immer zwei Minuten vor. Das Mädchen am Birnbaum erlebte seinerzeit, dass die Zeit sehr viel langsamer vergeht. Mein Experiment zeigt vielleicht, dass Zeit etwas ist, was nicht immer linear in eine Richtung verläuft, sondern in Vergangenheit und Zukunft ein Fluss erfolgt, der also auch schneller sein kann, als gewohnt.
Eines ist klar: Diese imposante, tiefe Schlucht bietet mit ihren an manchen Tagen wabernden Nebelschwaden, den imposanten Felswänden, den Licht- und Schattenverhältnissen und dem dichten Gebüsch wahrlich Anlass genug dafür, dass aus einfachen Geschehnissen geheimnisvolle Legenden entstehen können. Es lohnt sich allemal, auf einer Wanderung den Barranco selbst zu erforschen. Dies scheint eine wachsende Beliebtheit zu haben, denn man wandert dort nicht allein. Wir trafen dort einige nette und hilfsbereite Menschen. Es kam fast so vor, als ob man sich des besonderen Ortes bewusst ist und sich schon deshalb besonnen verhält.
Betrachten wir nun noch einige der Legenden um den Barranco de Badajoz:
Das Birnenmädchen
Eines Tages schickten die Eltern ihre kleine Tochter in den Barranco hinauf, um dort Früchte zu sammeln. Es gab dort wilde Birnen, die ganz köstlich schmeckten. Als das Kind am Abend nicht zurückkam, beunruhigten sich die Eltern sehr und suchten sie am nächsten Tag. Vielleicht war das Kind ja gestürzt und konnte nicht mehr laufen. Alle Dorfbewohner zogen mit und suchten hinter jedem Busch und zwischen allen Felsen, aber das Mädchen war wie vom Erdboden verschluckt, keine Spur von ihr war zu finden.
Doch es geschah ein Wunder. Nach 30 Jahren kam das Mädchen unversehrt und fröhlich zurück und klopfte an der Tür der Eltern. Es sah noch genauso aus und trug dieselben Kleider wie beim Weggehen. Die Eltern erkannten sie sofort, aber das Mädchen wunderte sich, warum seine Eltern und alle Menschen, die sie kannte, so viel älter geworden waren. Sie erzählte, dass sie wie es die Eltern geheißen hatten in die Schlucht hineinging und Birnen sammelte. Sie ruhte sich unter einem Baum aus und schlief ein. Später wurde sie durch ein großes Wesen in weißen Kleidern geweckt. Sie erschreckte sich nicht, denn die Gestalt war freundlich und lustig, ohne Bedenken folgte sie dem Unbekannten in eine Höhle, in die man über Stufen hinuntersteigen musste. Unten kam sie in einen Garten, wo sich noch mehrere der seltsamen Wesen aufhielten, alle ganz in weiß gekleidet. Sie unterhielten sich mit dem Mädchen, sie spielten und tanzten mit ihr eine Weile. Danach ließ sie sich wieder ins Freie führen und ging vergnügt nach Hause. Es waren für sie nur ein paar Stunden vergangen. - Für alle anderen Menschen aber drei Jahrzehnte.
Lichtgestalten
Im Jahre 1912 befanden sich zwei Arbeiter im Wasserstollen von Izaña, ganz am Ende der Schlucht, als die Wand, an der sie arbeiteten, einstürzte. Dahinter öffnete sich ein sehr weiter Tunnel, und sie sahen drei weiße Wesen, die offensichtlich nicht zur Arbeitertruppe gehörten. Sie kamen leicht über dem Boden schwebend näher.
Ab hier gibt es zwei Versionen der Geschichte:
Einerseits sagt man, dass die beiden Arbeiter einen Riesen Schreck bekamen und so schnell wie möglich zur Polizei nach Güímar liefen, um den Vorfall anzuzeigen. Auf der Polizeistation ist jedoch keine solche Anzeige bekannt, sei es, weil sie nie stattfand, oder die Akten auf geheimnisvolle Weise wieder verschwunden sind.
Die andere Version ist, dass sie sich mit den drei Lichtgestalten unterhalten konnten und diese ihnen sogar die richtige Stelle zeigten, wo sie nach Wasser graben sollten. Das taten sie, und das Wasser sprudelte aus dem Felsen. Doch als man später die Stelle wieder aufsuchte, konnte man die eingestürzte Wand nicht mehr finden und auch kein Wasser, alles war wie vorher. Und seit dieser Zeit will niemand mehr im Barranco wohnen.
Vielleicht waren die Männer ja auch nur etwas benommen vom Sauerstoffmangel im Tunnel, der ja 2007 zur Schließung fast aller Stollen führte.
Ahnenerbe-Forschung
Am 28. Juli 1991 wurde in einer Höhle in der Schlucht der Griff eines Dolches gefunden, der die Form eines geflügelten Wesens hat. Solche Artefakte wurden auch im Rahmen der SS-Ahnenerbe-Forschung gesammelt, da ihnen besondere Kräfte und Fähigkeiten, vor allem aber Legenden zugeschrieben wurden. Der Dolch könnte somit einem SS-Mann gehört haben, der vielleicht auf der Suche nach dem Mysterium des Birnenmädchens war. Sicher ist, dass Einheiten der SS und der Deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs auch auf Teneriffa und anderen Kanareninseln waren. Ob aber tatsächlich Ahnenerbe-Forschung im Barranco de Badajoz stattfand ist nicht belegt.
Die Kristallinsel
Es gibt einige Berichte aus den 1990er Jahren über eine Insel, die man aus dem Barranco heraus sehen könnte, wenn man Richtung Meer blickt. Doch es kann nicht die Nachbarinsel Gran Canaria sein. Zeugen beschrieben diese Insel als sehr hell, wie aus Glas, und sie sahen ein Licht in Form eines Schiffes, das von dieser Insel ablegte, sich mit großer Geschwindigkeit den Felswänden der Schlucht näherte und sich dann auflöste. Über diese Vorfälle wurde sogar in einigen Zeitschriften berichtet, die sich mit übernatürlichen Phänomenen beschäftigten. Anwohner, die oft in der Nähe des Barranco arbeiten, bestätigen ebenfalls, dass sie ein helles Licht auf dem Meer beobachten, das sich wie eine gläserne Insel aus dem Wasser erhebt. Darauf folgt ein starker Luftstrom, begleitet von heftigen Geräuschen, der in die Schlucht hineinbläst.
Flatternde Flügel
Im Jahr 2005 machten drei Freunde eine Exkursion in den Barranco zur Naturbeobachtung. Sie gingen spät zurück und es wurde schon dunkel. Da hörten sie ein lautes Flattern über ihren Köpfen, sie duckten sich und schützten sich mit den Armen, weil sie Angst hatten, mit etwas zusammenzustoßen. Sie leuchteten mit ihren Taschenlampen nach oben, aber es war nichts zu sehen. Es kam das leise Schluchzen eines Kindes dazu und ein tiefes, geheimnisvolles Krächzen, da sie gehörig in Schrecken versetzte. In einem Reflex drückte einer von ihnen, der Fotograf Teyo Bermejo, auf den Kameraauslöser, obwohl nichts zu sehen war. Aber auf dem Bild fand er nachher ein weißes Gespenst mit zwei Flügeln.
Es gibt viele Zeugen, die fest behaupten, eine ähnliche Erfahrung gemacht zu haben. Oder haben wir es einfach nur mit Fledermäusen zu tun?
„Wenn man nicht dazu bereit ist, außergewöhnliche Dinge zu finden, so wird man sie auch nicht finden. Natürlich muss jedes Argument auf Beweisen fußen. Wenn diese Beweise dann aber auf eine Anomalie hindeuten, dann müssen wir auch über eine Anomalie reden dürfen.“ – Hier war es eine Zeitanomalie!
JKS / im März / November 2019