Bei der Himmelsscheibe von Nebra handelt es
sich um einen bedeutenden Fund für die europäische Vorgeschichte, die
Astronomiegeschichte sowie die frühe Religionsgeschichte. Es wird eine konkrete
Himmelsabbildung dargestellt, die in Verbindung mit dem Fundort, umfangreiches
astronomisches Wissen der vorchristlichen Menschheit beweist. Nach ersten
Feststellungen ist diese Himmelscheibe über 3600 Jahre alt. Sie wiegt ca. 2,1
Kilogramm, ist aus Bronze und hat einen Durchmesser von ca. 32 Zentimetern, bei
einer Dicke (die von außen nach innen zunimmt) von ca. 1,5 mm bis ca. 4,5 mm.
Die auf der Scheibe befestigten Goldbleche haben eine Stärke von ca. 0,4 mm.
Der Rand der Scheibe ist umlaufend und in regelmäßigen Abständen mit ca. 2,5
mm-kleinen Löchern versehen.
Der Fundort befindet sich auf dem Mittelberg innerhalb einer
kreisförmigen Wallanlage ca. 3,5 Km von Nebra / Wangen entfernt, im
Ziegelrodaer Forst (51° 17' 2" N 11° 31' 12" E ). Diese Anlage gilt inzwischen als das älteste,
bekannte astronomische Observatorium der Menschheitsgeschichte. Sie hat einen
Durchmesser von 200 Metern und wurde wahrscheinlich über 1500 Jahre genutzt.
Die gesamte Anlage wurde ursprünglich noch durch zwei ca. 300 Meter lange
Erdwälle am Fuße des Berges vor unerwünschten Besuchern geschützt. Dies
verdeutlicht nochmals wie wichtig für unsere Vorfahren diese Sternwarte mit dem
Einsatz der Himmelsscheibe war.
Zeichnung 1 Zeichnung 2 Erklärungen im Text.
( Hier nur eigene Zeichnungen der Himmelsscheibe – Original-Fotos des Fundstückes wurden nicht zur Veröffentlichung auf privaten Internet-Seiten freigegeben ! )
Bei den Abbildungen auf der Scheibe handelt es sich um die
bereits erwähnten Bleche aus Gold (in den Zeichnungen grau). Neben Mond, Sonne
und 25 Sternen in Form von Goldpunkten ist eine Ansammlung von weiteren sieben
Goldpunkten vorhanden. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um den
Sternenhaufen der Plejaden (auch als das Siebengestirn bezeichnet) in einer
Konstellation wie sie vor 3600 Jahren am Himmel sichtbar war. Die beiden
Halbkreise rechts und links stellen jeweils den Horizontbogen dar und decken
einen Winkel von 82 Grad ab. Genau um dieses Winkelmaß verschieben sich auf dem
Mittelberg, dem 252 m hohen Fundort der Scheibe nahe der Stadt Nebra, die
jeweiligen Punkte des Sonnenauf- und Sonnenunterganges zwischen Sommer- und
Wintersonnenwende. Der obere Goldbogen stellt wahrscheinlich den oberhalb der Plejaden
vorhandenen Milchstraßenbogen dar (Zeichnung 1). Einer
anderen Deutung nach, handelt es sich dabei um eine fiktive Himmels- oder
Sonnenbarke, die zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang am nächtlichen Himmel
dahingleitet und so das religiöse Element auf der Scheibe darstellt. Hierzu ist
die Scheibe um 180 Grad zu drehen, damit der Bogen dann andeutungsweise als
Boot oder Schiff erkannt werden kann (Zeichnung 2 / dies ist auch die
offizielle Betrachtungsart).
In diesem Zusammenhang
ist auch bemerkenswert, dass für den Betrachter vom Mittelberg aus gesehen die
Sonne zur Sommersonnenwende (21.6.) hinter dem Harzer Brocken / Wurmberg
untergeht. Diese sind bei klarem Wetter (und ohne Bäume) von dort aus sichtbar.
Am 1. Mai ("Beltain" / Walpurgisfeiern) - geht die Sonne hinter der
Spitze des ebenso sichtbaren Kulpenberges (Kyffhäuser - Massiv) unter. Die
Geometrie der bildlichen Darstellungen auf der Scheibe muss somit mit dem
Fundplatz in Verbindung gebracht werden. Die Verbindung von Kultplätzen auf Berggipfeln
mit Sonnenwendfeiern ist für das vorchristliche, prähistorische Europa geradezu
typisch. Doch nur auf dem Mittelberg bei Nebra ist bislang mit der
Himmelsscheibe auch das zugehörige "Benutzerhandbuch" gefunden
worden. Auch diese Region – speziell die Stadt Nebra – kann eine der Drachensagen vorweisen, die oftmals auch von anderen,
vorchristlichen Kultplätzen erzählt werden.
Die Himmelsscheibe von Nebra beweist jedenfalls eindeutig ein sehr großes Interesse des vorzeitlichen Menschen am Sternenhimmel und somit auch sein Wissen in astronomischen Abläufen. Sie ist als Schlüsselfund der Archäologie und der vorchristlichen Astronomie zu werten. Sie ist meines Erachtens eine der wichtigsten archäologischen Entdeckungen, die weltweit jemals gemacht wurden.
Ab August 2002 führte das
Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt auf dem Mittelberg weitere
Ausgrabungen durch. Parallel läuft ein Programm zur naturwissenschaftlichen
Untersuchung der Scheibe, der Nebenfunde und der aktuellen Grabungsfunde. Seit
2004 kann man die Funde und die damit zusammenhängenden Forschungsergebnisse im
Rahmen einer Landesausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle
bewundern.
Aufgrund des großen
Interesses hat man 2007 am Fuße des Mittelbergs ein Besucherzentrum „Arche
Nebra“ eröffnet. Hier wird ausführlich die Geschichte und die Bedeutung der
Himmelscheibe unter dem Motto „Die Himmelsscheibe erleben“ erklärt. Auch das
Bauwerk selbst ist der Himmelsscheibe nachempfunden und zeigt eine stilisierte
Form der „Himmelbarke“, die ja möglicherweise auf der Scheibe zur Abbildung
kam. Einen Eindruck erhält man bereits hier durch die folgende Abbildung des
Themenprospektes und der Eintrittskarte zum Besucherzentrum.
Am direkten Fundort auf dem
Mittelberg, ca. 3,5 Km vom Besucherzentrum entfernt, wurde auch in 2007 ein
Aussichtsturm fertiggestellt, der den Blick zum weit entfernten Brocken und zum
Kyffhäuser ermöglicht, was in alter Zeit noch von der Bergkuppe des
Mittelberges aus möglich war, da die heutige Bewaldung fehlte. 30 Meter hoch
und mit einer Neigung um 10 Grad ist er gleichzeitig der Zeiger einer
überdimensionalen Sonnenuhr. Ein senkrechter Schnitt durch den Turm markiert
die Sichtachse zum Brocken und damit den Sonnenlauf zur Sommersonnenwende.
Bereits vom Besucherzentrum
her ist er als markanter Punkt auf dem Mittelberg deutlich zu erkennen.
Neuste Forschungen haben nunmehr endgültig ergeben,
dass die Himmelsscheibe in mehreren Herstellungsphasen jeweils erweitert wurde.
So scheint sie zunächst nur mit Sternen, den Plejaden und der Monddarstellung
ausgestattet gewesen zu sein. Anhand der Mondstellung zu den Plejaden lies sich
dann der Frühlingspunkt und damit der Beginn des bäuerlichen Jahres bestimmen.
Die Scheibe war also nach dem Mondjahr ausgerichtet. Dies ist umso
erstaunlicher, da man zu dieser Zeit bereits durchaus nach dem Sonnenlauf
lebte. Erst Jahrhunderte später wurde die Himmelscheibe durch die
„Horizontbögen“ links und rechts erweitert (nachgewiesen durch die abweichende
Goldlegierung) und es konnte eine Bestimmung der Sonnenwenden erfolgen.
Zuletzt, nachgewiesen durch entsprechende Bearbeitungsspuren und der abermals
abweichenden Goldlegierung, wurde die Himmelbarke auf der Scheibe befestigt.
Dies offenbar zu einer Zeit, als altes Wissen warum auch immer verloren ging
oder nicht rechtzeitig weiter gegeben wurde und der Glaube an mystische
Himmelsgötter, die mit Schiffen den Horizont überqueren, immer mehr Gestalt
annahm und den Alltag der Ahnen prägte.
Umfangreiche Einzelheiten
zur kriminellen Vorgeschichte, zum Fund, die Original-Fotos und Details zu den
laufenden Ausgrabungen findet man auch auf der entsprechenden Internet-Seite
des Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte.
http://www.archlsa.de/sterne/ (Verknüpfung mit freundlicher
Genehmigung des LfA)
Wer dann wie ich noch immer nicht genug von dieser mysteriösen
Himmelsscheibe hat und noch mehr erfahren möchte, kann einfach die nachstehende
Verknüpfung anklicken, um auf weitere interessante Internetseiten zu gelangen:
http://www.himmelsscheibe-von-nebra.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Himmelsscheibe_von_Nebra
In
unmittelbarer Nähe zum Fundort der Himmelsscheibe Nebra / Wangen findet man
auch Goseck, den Fundort des prähistorischen Sonnenobservatoriums und die
„Dolmengöttin“ in Langeneichstädt. Unter
www.Himmelswege.de und auf der Auswahlseite unter
Terraner.de/Kultplätze findet man weitere Informationen zu diesen archäologischen Attraktionen.
Selbstverständlich
hat die Himmelsscheibe auch einen
Platz
bei uns in der Wohnung bekommen. Eingerahmt
und
hinter Glas - ursprünglich war es ein Blatt im 2005er
Themenkalender
- hängt sie auf dem Korridor.
Hier folgen noch einige
Informationen zur Geschichte der Umgebung des Mittelberges und der Stadt Nebra
/ Wangen:
vor etwa 200 Millionen Jahren |
Trias - Entstehung des Unstrut-Tal |
15.000 – 10.000 v. N. |
steinzeitlicher Rastplatz auf der Altenburg |
800 - 400 v. N. |
befestigtes Dorf auf der Altenburg |
um 800 n. N. |
fränkische Grundherren nehmen Besitz von diesem Gebiet,
Burganlage auf der Altenburg; |
876 |
Ersterwähnung Nebras (neuere, neberi, nebure) |
1182 |
erste urkundliche Erwähnung |
um 1200 |
Bau einer Burg auf dem südlichen Sandsteinfelsen. |
1999 bis 2002 |
Enddeckung der Himmelsscheibe und der Beifunde auf dem nahe
gelegenem Mittelberg. |
Der Sage nach soll
auch in Nebra einst ein Drachen getötet worden sein:
Während einer Belagerung der Burg zu Nebra, gerieten die
Burgherren in eine Frischwassernot, weil die Belagerer die außerhalb der
Burgmauern gelegene Quelle besetzt hielten. Die nahe Quelle blieb unerreichbar.
Da der Durst nach einigen Tagen für alle unerträglich wurde, schlich sich das
Burgfräulein eines Nachts heimlich und ohne jemanden etwas davon zu sagen
hinunter an die Quelle. Als sie unbemerkt das lebensnotwendige Nass erreicht hatte
und Wasser schöpfen wollte, kam ein furchtbarer Drache aus einer nahegelegenen
Höhle hervor und bedrohte das Leben der schönen Jungfrau. Glücklicherweise kam
in diesem Moment ein Ritter, sein Name war Georg, vorbei und befreite die
schöne Frau aus ihrer misslichen Lage. Er bohrte seine Lanze in den Drachen und
dieser bäumte sich noch einmal wild auf, bevor er tot zusammenbrach.
Anschließend vertrieb Ritter Georg noch die Belagerer der Burg. So kamen alle
wieder ungestört in den Genuss des frischen Quellwassers. Zum Dank an diese
edlen Taten ist noch heute im Stadtwappen von Nebra der Ritter Sankt Georg im
Kampfe mit dem Drachen zu sehen.
Wie in vielen alten Sagen, die immer ein Körnchen geschichtliche
Wahrheit beinhalten und ursprünglich oftmals weit vor der Zeit in der die Sage
angesiedelt wird ihren wahren Ursprung haben, finden wir auch hier wieder eine
Drachensage in Verbindung mit einem nahe gelegenem Kultplatz der paganen
Bevölkerung aus vorchristlicher Zeit. Im hier vorliegenden Fall war dieser Ritter
Georg ja eine Art Superheld gewesen, da er nur kurz mit dem Drachen kämpfen
musste und anschließend auch noch allein die Belagerer der Burg vertreiben
konnte. Welche Wunderwaffen hatte er im Einsatz?
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JKS /
03.2005 / 2008