Hohe
Salve -
Tirol
Ein
keltischer Sonnenkultplatz !
In den Kitzbühler Alpen, zwischen Kufstein und Kitzbühel findet man u. a. den 1829 m hohen Berg Hohe Salve (GPS: N 47° 27.57` / O 12° 12.21`).
Von dort hat man bei guter, klarer Sicht eine schöne Aussicht auf die Hohen Tauern, die Zillertaler Alpen, den Großvenediger, den Großglockner und selbstverständlich auf den dort in der Gegend dominierenden Wilden Kaiser.
Heute voll touristisch erschlossen, war der Berg in keltischer Zeit ein heiliger Sonnenkultplatz. Heute durch gleich zwei Seilbahnen erreichbar, die beide erst unmittelbar am Gipfel enden, eine von Hopfgarten, die andere von Söll aus, mussten die Kelten ihr Heiligtum noch zu Fuß erklimmen.
Man findet dort oben zunächst einmal eine Wallfahrtskapelle, genannt St. Johann oder Salvenkirchlein, vor und sicherlich ahnen 98 % der modernen Besucher nicht, dass sie sich auf uraltem, heidnisch-heiligem Boden befinden. Man muss auch schon genau die Zusammenhänge und geschichtlichen Hintergründe kennen, um dies heute noch zu erkennen. Dabei gibt es für den Eingeweihten inzwischen wieder recht deutliche Hinweise, so hat man rund um den Gipfel einen „Sonnenweg“ angelegt und auf dem Gipfelplateau zwischen Restaurant und einer der Seilbahnstationen einen riesigen Kopf als „Johanneshaupt“ nachgebildet. Während der Weg an unterschiedlichen Formen von Sonnenuhren vorbeiführt und diese auch immer recht anschaulich erklärt werden, soll der Riesenkopf einen direkten Bezug zum Sonnenkult der Kelten bilden. Dies auch wenn er außerdem noch als Kletterspielplatz für Kinder genutzt wird.
Durch ein „Johanneshaupt“ wurde bereits bei Christianisierung der heidnischen Alpenwelt hier ein Symbol zur Verehrung des lebensspenden Lichts der Sonne notdürftig überdeckt. Bei den Kelten galt der Kopf nämlich nicht nur als Sitz der unsterblichen Seele, sondern auch als Symbol für das Licht, also auch für die kraftspendende Sonne. So waren die Zeiten der Sonnenwenden, Sommer wie Winter, jeweils heilige Festzeiten. Ähnlich übrigens auch bei den Römern, die in alter Zeit zur Wintersonnenwende im Dezember die Geburt Sol Invictus, ihren unbesiegbaren Sonnengott, feierten. Parallelen zum Christentum (24.12.) sind hier übrigens nicht zufällig, sondern durch die sogenannte Christianisierung bedingt. Der Hauptfesttag zur Sommerwende, der 24. Juni, wurde so schnell zum Johannestag, dem Geburtstag von Johannes dem Täufer.
Eine der Sonnenuhren der
Johanneskopf die Wallfahrtskapelle.
Ein gelochter Menhir als Sonnenuhr. Ein Felsstein mit „Bohrlöchern“, …
… diente er schon den Kelten als Visierstein?
Und damit man die Heiden seinerzeit in die Christuskirchen bekam, gab
man ihnen Ersatzsymbole für ihren eigentlichen Glauben. Ein besonders skurriles
Beispiel für dieses weltweite Handeln der Kirchenvertreter hat man noch bis ins
späte Mittelalter hinein auf der Hohen Salve praktiziert. So galt es einst als
Wallfahrtsziel, so ein „Johanneshaupt“ in einer Schüssel, gegen eine entsprechende Geldspende,
drei Mal im Uhrzeigersinn (kelt. deisiol
– nach dem Lauf der Sonne) um den Altar herum zu tragen. Die hohen Einnahmen
aus diesem Brauch rechtfertigten einerseits seine Duldung und waren außerdem
noch so groß, dass daraus auch noch viele andere Kirchen in der Umgebung
renoviert und gebaut werden konnten.
Schwache
Hinweise auf die Mutter des Johannes, der Hl. Elisabeth, und so auf die
keltische Göttinnen-Trinität der „Drei Bethen“
findet man in einer typisch „christianisierten“ (also
abgewandelten, verdrehten) Sage, nach der hier in geweihter Erde eine Mutter drei(!) Köpfe von hingerichteten Räubern begraben ließ, von denen
einer der ihres Sohnes war.
Auch
die Sage von der Kröte auf der Hohen Salve hat eine Seelenbefreiung nach
dreimaligen Umkreisen des Kirchenaltars zum Inhalt.
Die Kröte auf der Hohen Salve
Es war einmal ein schöner Jüngling von guten Gaben, aber allzuweichlich erzogen und gewöhnt, blindlings nach dem Gelüst
des Augenblicks zu tun. So vergeudete er das Seine, geriet in verderbte
Gesellschaft und ward schließlich ein Straßenräuber, ja der Anführer einer
ganzen Räuberbande. Als solcher ward er von den Häschern eifrig gesucht, und
sie trieben ihn so in die Enge, daß er Gefängnis und
Galgen schon vor Augen sah. In solcher Bedrängnis tat er das Gelübde: wenn ihm
Gott hülfe, dem Gericht zu entrinnen und irgendwo ein neues, ehrbares Leben
anzufangen, so wollte er eine Wallfahrt zum Johanniskirchlein auf der Hohen
Salve tun. Da half ihm Gott wunderbar, daß es ihm
wirklich gelang, den Schergen zu entwischen und in Sicherheit zu kommen. Wie er
nun der Angst ledig war und unangefochten leben
konnte, vergaß er sein Gelöbnis, und es blieb unerfüllt, bis er starb. Zur Buße
aber mußte er nach seinem Tode in Gestalt einer Kröte
geistern, bis es ihm gelänge, von Baiern, wo er
verstorben war, auf die Hohe Salve zu kriechen.
Die arme Kröte kam langsam vorwärts, hatte oftmals zu
rasten und oftmals sich vor den Mißhandlungen unverständiger
Menschen zu verbergen. Endlich erreichte sie doch, nach Jahr und Tag, den
Gipfel der Hohen Salve. Aber nun handelte es sich darum, in die Kirche zu
kommen, und das war das Schwerste; denn die Leute wollten die Kröte um keine
Welt hineinlassen. Immer wieder ward sie mit Fußtritten von der Schwelle
weggestoßen. Zuletzt gelang es ihr dennoch, unbemerkt in das Kirchlein zu
schlüpfen; und dort kroch sie dreimal um den Altar. Da stand plötzlich vor den
erstaunten Betern ein schöner Mann, der erzählte ihnen alles von seinem
Räuberleben und seiner Rettung, und wie er sich darnach
zwar gebessert und Buße getan, aber die gelobte Wallfahrt unterlassen habe. Und
da er ihnen alles bis zum letzten kundgetan hatte, verschwand er, denn nun war
er erlöst.
Quelle: Tiroler Legenden, Helene Raff,
Innsbruck 1924
JKS
/ 08.2011